
In Rekordtempo und mit den Stimmen aller fünf Fraktionen hat der Stadtrat am heutigen Abend den Haushaltsplan 2013 verabschiedet. Bei den neuen, niedrigen Steuersätzen gab es Gegenstimmen der UWG. Die SPD stimmte der Senkung zu, weil sie diese Senkung 2011 für den Fall in Aussicht gestellt hatte, dass die konjunkturelle Entwicklung noch besser kommt als erwartet. „Versprochen ist versprochen, und wird auch nicht gebrochen!“ Auf diese einfache Formel brachte SPD-Fraktionschef Reinhard Hemkemeyer die Zustimmung der SPD-Fraktion.
Im Laufe der Abschlussdiskussion wurden drei Anträge von CDU und FDP zum Thema „Schulden-Charta“ mit klarer Mehrheit abgelehnt, nachdem sich schnell herausgestellt hatte, das es sich um unsolide und unseriöse „Galerieanträge“ handelte.
Lesen Sie hier weiter die ausführliche Begründung der SPD-Fraktion durch Reinhard Hemkemeyer, auch zu weiteren Aspekte, die die kommunalpolitsche Diskussion im Moment beherrschen:
„Meine Damen und Herren, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
wer auf eine Fortsetzung des von mir erzählten Märchens vom letzten Jahr gehofft oder, je nach Sichtweise, es befürchtet hat, den muss ich heute enttäuschen. Manche Märchen finden ihren Abschluss dadurch, dass sie einfach Realität werden.
Dabei gäbe es eine Menge Neuigkeiten zu erzählen aus der Stadt der kargen Sandböden, der es noch besser geht, als selbst Heinz von der schwarzen Straße es für möglich gehalten haben mag. Heinz, der ja jetzt den Beinamen „Kämmerer der Kurie“ tragen darf, ein neuer Ehrentitel, den ihm Reinhard von der roten Straße verlieh, nachdem er seine Bierwette mit Heinz ehrenhalber verloren hatte. Wer weiß, was da noch passieren wird, immerhin ist in Rom ein Stuhl frei geworden und bei diesen Fähigkeiten wäre Heinz ein mehr als passabler Kandidat. Oder auch die neuesten Streiche von Heinz und Reinhard über den Namenszusatz „Europas Mähdrescherstadt“ hätten eigentlich die Fortsetzung des Märchens verdient. Ein grandioser Beschluss, den die beiden da zusammen mit Johannes aus der unabhängigen Straße hinbekommen haben und dessen Glanz erst Generationen später sichtbar werden dürfte. Auch der Streit um die Doppelsporthallen ist erledigt, die Bedarfe sind endlich allseits anerkannt, so dass das Märchen sein glückliches Ende gefunden hat. Ende gut, alles gut und wenn sie nicht gestorben sind, dann, ja dann werden andere daran weiterschreiben.
Meine Damen und Herren,
zur Sache: die SPD-Fraktion stimmt dem Haushaltsplan, dem Stellenplan, der Haushaltssatzung mit den damit verbundenen niedrigeren Steuersätzen und der Finanzplanung 2013-2017 in der vom Finanzausschuss empfohlenen Fassung zu.
Wir können stolz sein auf die hier verankerten Kennzahlen und bedanken uns zunächst beim Kämmerer Martin Kleinheinrich und bei der Bürgermeisterin Sabine Amsbeck-Dopheide für das erneut jederzeit transparente Zahlenwerk.
Ja, Harsewinkel ist weiter auf gutem Weg zu der NRW-Vorzeigekommune, auf dem Weg zur Schuldenfreiheit bei gleichzeitig sehr, sehr niedrigen Steuersätzen. Top-Platz 1 bei der Grundsteuer B, Top-Platz 4 bei der Gewerbesteuer.
Das wird alle Bürgerinnen und Bürger freuen. Die Entlastungen sind genauso klein, wie die Belastungen 2011 klein oder groß waren. Gruß an‘ s „Krümelmonster“ Hajo Reicherts (Vorsitzender Verkehrsverein). Aber immerhin, sie waren versprochen. Zumindestens 2011 von der SPD für den Fall, dass alles besser kommt als damals rechnerisch ermittelt. Und wir beweisen damit, dass Glaubwürdigkeit und Vertrauen in das Gesagte gilt. Die entscheidende Politikgröße.
Das von der SPD seit Jahren immer wieder geforderte „intelligente Sparen, intelligent investieren und intelligent steuern“, das von der Verwaltung und der Bürgermeisterin mit großer Klugheit umgesetzt wird, muss natürlich weiter gehen. Der Haushaltsplan 2013 trägt damit durch und durch sozialdemokratische Handschrift. So soll es in den nächsten Jahren weitergehen. Diese erfolgreiche, solide und bürgernahe Politik wollen und werden wir fortsetzen.
Deshalb sollten wir auch allen Versuchungen widerstehen bei den Steuern in einen Steuersenkungswettbewerb mit den letzten drei noch günstigeren Gewerbesteuerkommunen in NRW einzusteigen. Das ist zwar tolle Statistik, bringt aber wenig, wenn Interessenten mangels Gewerbeflächen nicht bedient werden können. Hier liegt die Hauptaufgabe der aktuellen Stadtentwicklung. Und dazu braucht es auch Geld in der Kasse, um im Ernstfall flexibel reagieren zu können.
Wenn wir hier mit einigen Eigentümern nicht klar kommen, weil diese noch nicht verkaufen wollen, dann sollten wir ganz ernsthaft auch die Gedanken der interkommunalen Zusammenarbeit in Bezug auf ein Gewerbegebiet mit Gütersloh neu vorantreiben, so wie es die SPD bereits 1999 gefordert hat. Und den Güterslohern täte ja auch mal etwas mehr Flexibilität gut, bevor sie von Verl, Halle und Harsewinkel endgültig eingekreist werden. Vielleicht hört ja in der Kreisstadt mal einer wirklich zu.
Widerstehen sollten wir auch den Lippenbekenntnissen nach einer ewigen Schuldenfrei –Charta, die von der CDU in die Debatte eingebracht wurde. Auch die vorzeitige Ablösung der 4,84 Millionen Euro Restschulden unter Zahlung von 581 T€ Vorfälligkeitsentschädigung im Kernhaushalt halten wir für blanke Augenwischerei. Zum einen schon deshalb, weil der „Konzern Stadt“ durch das Abwasserwerk immer noch 6 Millionen Schulden hat. Allein dadurch wird offensichtlich, dass der von der Union selbst so bezeichnete „Ackergaulantrag“ in Wirklichkeit eine „dumme Eselei“ ist. Ich habe eh den Eindruck, dass die CDU hofft, dass die Ratsmehrheit diesen unsoliden Antrag ablehnt, damit man anschließend wohl etwas “Vorwahlkampfgetöse“ damit machen kann.
Meine Damen und Herren,
wir meinen: Jede Generation muss ihre Verantwortung für ihre jeweilige Investitions- und Steuerpolitik übernehmen. Oder hätte in den 90er-Jahren jemand ernsthaft fordern wollen auf die Gründung unseres Gymnasiums mit den damit verbundenen Bauinvestitionen in zweistelliger Millionenhöhe zu verzichten, nur weil wir es nicht aus der Portokasse bezahlen konnten? Doch wohl nicht im Ernst. Das dürfte sogar „Schuldenbürgermeister“ Heinrich Hemker (CDU) verstehen, denn in seiner Amtszeit ist das Ganze ja beschlossen worden, während die „Entschuldungskönigin“ Sabine Amsbeck-Dopheide (SPD) nun mit ihrer bodenständigen Politik dafür sorgt, dass die Karre aus dem Dreck kommt.
Wir als SPD wollen und werden auch zukünftig die Aufnahme von Krediten für Investitionen nicht ausschließen, wenn es sich um sinnvolle Infrastrukturmaßnahmen handelt. „Kredite sind das Blut der Volkswirtschaft, bezahlbar müssen sie bleiben.“ (Ludwig Erhard -CDU). Da sind wir ganz und gar soziale Marktwirtschaftler! Bund und Länder haben den Fehler begangen, sich mehr geleistet zu haben als sie konnten oder die Musik zu bestellen, ohne sie zu bezahlen. Von dieser falschen Politik war und ist die Stadt Harsewinkel aber Lichtjahre entfernt.
Den schwachen Staat können sich übrigens nur Reiche leisten. „Ohne Stadt ist kein Staat zu machen. Wenn ein Staat bröckelt, dann beginnt das bei den Kommunen“ (Theodor Heuß-FDP). Deshalb ist es auch klug die eine oder andere Rücklage für schlechtere Zeiten zu bilden. Die werden kommen, früher oder später, auch wenn sie im Moment nicht in Sicht sind.
Widerstehen werden wir auch einer rein parteipolitisch motivierten Klage gegen das Gesetz „Stärkungspakt Stadtfinanzen“. Wenn das Gesetz und die damit verbundene Solidarumlage juristisch in Ordnung sind, dann werden Sozialdemokraten in Harsewinkel dagegen nicht klagen. Dann können wir uns zwar über die zu zahlenden Beträge politisch ärgern, aber für uns ist Solidarität keine Frage der Himmelsrichtung. Weder global (Nord-Südkonflikt), weder europäisch (Deutschland-Griechenland), weder national (Bayern – Vorpommern) noch kommunal (Westfalen – Ruhrgebiet).
Überhaupt stände uns weniger Überheblichkeit und mehr Demut in dieser Frage gut zu Gesicht! Haben alle schon vergessen, dass unser Weltunternehmen in den 70er –Jahren auch durch Landesbürgschaften, also Steuergelder, gerettet wurde? Oder was wäre, wenn die Firmengründer ihr Weltunternehmen nur wenige hundert Meter weiter südlich der Ems auf Herzebrocker Gebiet errichtet hätten. Griechenland und die kargen Sandböden lassen grüßen. Europas Mähdrescherstadt sollte sich auch in Zukunft solidarisch zeigen!
Ich habe mir mal die pleiteste aller „Pleite- Kommunen“ dieses Stärkungspakt-Gesetzes besonders genau betrachtet. Es handelt sich das oberbergische Bergneustadt bei Gummersbach. Diese Stadt mit knapp 20.000 Einwohnern, also mit uns vergleichbar, bekommt rund 1,6 Millionen Landeshilfen aus dem Stärkungspakt Stadtfinanzen jährlich. Der dortige Stadtrat bekämpft den Stärkungspakt auch, nur von der anderen Seite und moniert die strengen und strengsten Sparauflagen des Landes. Dort spricht die Politik von „Gift- und Todeslisten“, die das Land der Stadt zumutet. Schließung und Verkauf von Sport-, Freizeit und Schuleinrichtungen, Streichung aller freiwilligen Leistungen für alle Vereine, betriebsbedingte Kündigungen in der Verwaltung, Aufgabe der Städtepartnerschaften, usw.
Bergneustadt ist so pleite, dass sie sogar gerade ihr Rathaus verkauft. Diese Stadt schafft sich selber ab, wie die Financial Times in ihrer Ausgabe am 10.05.2012 getitelt hat. Die Grundsteuer B beträgt dort aktuell 825% und soll auf bis zu 2214% steigen.
Warum ist das so? Einfach erklärt, Bergneustadt hatte nicht so viel Glück wie Harsewinkel. Erst ging die Textilindustrie verloren, dann machten die beiden Hauptarbeitgeber und Gewerbesteuerzahler der Automobilzuliefererindustrie dicht. Natürlich sind auch vor Ort Fehler gemacht worden, aber ich frage uns, haben die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt nicht unsere Solidarität verdient? Ist es nicht Auftrag des Grundgesetzes, überall für gleiche Lebensbedingungen zu sorgen? Auch dort leben Kinder und Familien, die zur Schule und zur Arbeit gehen, in ihrer Heimat.
Es ist auch im Sinne der reichen Mähdrescherstadt, wenn wir solidarisch sind und von unserem Wohlstand etwas abgeben. Und kleiner politischer Seitenhieb, soviel Zeit muss sein: Dort regiert die CDU mit knapper absoluter Mehrheit. Wir wussten es ja schon immer, dass Sozialdemokraten besser als Christdemokraten mit Geld umgehen können.
Meine Damen und Herren,
letztere Bemerkung war natürlich nur ein Scherz und soll deutlich machen, dass wir uns hier nicht von der CDU in Harsewinkel auf’ s Glatteis führen lassen werden in Sachen Stärkungspakt Stadtfinanzen.
Solidarität ist eine herausragende christliche Tugend und keinesfalls sittenwidrig, wie uns auf der CDU-Homepage und im CDU – Antrag heute vorgegaukelt wird.
Genug der Worte zum Haushalt 2013 und seinen finanzwirtschaftlichen Grundstrukturen.
Freuen wir uns doch alle einfach! Und beginnen wir mit der Umsetzung unseres Investitionsprogramms von 20 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren. Verplempern wir nicht die Zeit mit Scheindebatten. Sportler warten auf ihre Vereinssporthalle in Marienfeld, Schüler warten auf die Doppelsporthalle am Gymnasium, andere Sportler endlich auf sanierte, bzw. neue Umkleidekabinen im Moddenbachtal und einen Kunstrasenplatz, die Feuerwehr auf ein um- oder neugebautes Feuerwehrhaus. Das ist unser Auftrag. Auf die Plätze, fertig los!
Ich beende meine Ausführungen mit meiner jährlich wiederkehrenden Aufforderung: Weiter mit Optimismus und Zuversicht durch das Jahr, aber ohne Größenwahn! Und ich füge hinzu: auch mit ein bisschen Demut!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.