Bei der diesjährigen Kranzniederlegung am Ehren- und Mahnmal in Harsewinkel richtete sich nach dem feierlichen Aufzug der KeS und der Bürgerschützen Klaus Tönshoff mit einer guten und bewegenden Rede an die Anwesenden. Er erinnerte daran, dass die gefallenen Soldaten und Zivilopfer der beiden Weltkriege Mahnung sein müssen, sich auch heute noch aktiv für Frieden und Aussöhnung einzusetzen und dass das Ende der Geschichte (leider) noch nicht erreicht sei. Auch heute noch ist Krieg und religiöser Fanatismus auf der Welt gegenwärtig und erreicht in seinen Ausläufern auch Harsewinkel.

Lesen Sie hier die ganze Rede:
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
wir gedenken heute, am Volkstrauertag 102 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs und 77 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.
Wir erinnern an die Soldaten, die zivilen Kriegsopfer, die Opfer von Massakern und Genoziden. Wir denken an die Toten der Diktaturen.
Wir denken an persönliche Schicksale in abstrakten Kämpfen um Staatsinteressen, in Glaubenskriegen, in Schlachten politischer Ideologien.
Gerade die Sinnlosigkeit dieser blutigen Konflikte macht uns heute noch nahezu sprachlos vor Betroffenheit.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wir erinnern uns auch an die doppelte Bedeutung des heutigen Tages:
Gedenken und Mahnung!
Dieses Innehalten ist umso wichtiger, wenn wir uns vor Augen halten, wie sich uns die Welt heute, 2016, über ein Jahrhundert nach den ersten Schüssen des Ersten Weltkriegs, darstellt:
Die Kämpfe in der Ukraine und auf der Krim, der seit Jahren anhaltende blutige Bürgerkrieg in Syrien mit seiner unfassbaren Gewalt vor allem an Unschuldige, wie Kinder, Frauen und ältere Menschen, die seit Jahren andauernde Eskalation im Gaza-Streifen, die Schreckensherrschaft des Islamischen Staates im Irak:
Sie sind nur die hervorstechendsten Beispiele einer Welt, in der nach wie vor zu viele Menschen Opfer von Krieg, Terror und Blutvergießen sind.
Die Zahl der Opfer ist unüberschaubar. Jeder einzelne Tote hatte seine Familie und seine Freunde, die um ihn trauern. In diesem persönlichen Schmerz wird uns erst die Tragweite des heutigen Tages bewusst.
Meine Damen und Herren,
der amerikanische Autor Henry Miller hat es einmal so ausgedrückt: „ Jeder Krieg ist eine Niederlage des menschlichen Geistes“.
Aus dieser Erkenntnis heraus, aus der Erinnerung an die bedrückenden Schicksale, muss die Botschaft, die für uns alle von diesem Tag ausgeht, lauten:
„Nie wieder!“
Diese Lektion müssen wir aus den schrecklichen Ereignissen des 20. Jahrhunderts und der heutigen Zeit lernen:
Rechtzeitig zu erkennen, wenn Bürgerrechte ausgehöhlt und Menschenrechte mit Füßen getreten werden
Wir dürfen menschlichem Leid gegenüber nie gleichgültig sein und müssen dort einschreiten, wo Mitmenschen unsere Hilfe brauchen.
Zivilcourage ist kein bloßes Wort, es ist das Lebenszeichen einer menschlichen Gesellschaft.
Meine Damen und Herren,
wir können den Frieden nur bewahren, wenn wir aktiv für ihn eintreten. Das gilt in der großen Perspektive der Weltpolitik genauso wie im kleinen Rahmen unseres täglichen Lebens in Harsewinkel!
Wenn in unserem Land, in unserer Stadt Menschen oder Politiker leben, die uns heute wieder glauben machen wollen, dass Menschen, die sich von uns durch ihre Hautfarbe oder ihrer Religion unterscheiden, hier unerwünscht seien, dann müssen wir aufstehen und deutlich machen, dass wir aus Überzeugung unser Grundgesetz als Maßstab unseres Handelns sehen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, oder „Niemand darf durch seine Hautfarbe, seiner Abstammung oder seiner Religion verfolgt werden.“
Ein deutscher evangelischer Bischof hat 1991 einmal den Satz gesprochen: „Missachtung der Menschenwürde ist eine Kriegserklärung an alle Menschen“
Zugegeben: Dieser Weg der aktiven Friedenssicherung ist schwierig, mühsam und voller Hindernisse. Aber er ist machbar, das zeigen nicht zuletzt drei weitere Ereignisse, die sich in diesem Jahr zum 27. Mal jähren.
Die Montagsdemonstrationen in der DDR, die Genehmigung der Ausreise der 4.000 DDR-Flüchtlinge aus der Botschaft der Bundesrepublik in Prag und der Fall der Mauer markierten den Anfang vom Ende der Deutschen Demokratischen Republik.
Das Jahr 1989 ging als Jahr des friedlichen Wandels in Osteuropa und als das Jahr in die Geschichtsbücher ein, das den Kalten Krieg beendete.
Vor lauter Euphorie über diese friedliche Überwindung der kommunistischen Diktaturen sprach ein amerikanischer Politikwissenschaftler sogar vom „Ende der Geschichte“.
Nach dieser These würde sich nunmehr die Demokratie auf der gesamten Welt automatisch ausbreiten.
Ein Blick auf den blutigen Globus belehrt uns leider eines Besseren.
Daher erinnern wir uns, insbesondere an einem Tag wie heute, der Verpflichtung, gemeinsam daran zu arbeiten, dass dem Bösen in unserer Welt stets genügend Gute entgegenstehen.
Meine Damen und Herren,
unsere gemeinsame Erinnerung am Volkstrauertag an die Millionen Toten muss uns die persönliche Aufforderung sein, tagtäglich den Weg des Friedens zu gehen – ein Weg, der lang und beschwerlich, aber darum nicht weniger lohnenswert ist.
Vielleicht erreichen wir es dann – das zitierte „Ende der Geschichte.“
Vielen Dank!